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  • Anja Kluge

Farbpsychologie - Über die Wirkung von Farben und die Farbgestaltung von Wohnung oder Büro

Farben und ihre Wirkung sind ein spannendes Thema, da ja alles um uns herum eine Farbe hat, also Licht in bestimmter Weise absorbiert und reflektiert. Doch wie wirkt welche Farbe? Wie können wir Farben je nach Wirkung am besten einsetzen? Dieser Artikel soll einige Fragen dazu beantworten und einen kleinen Einblick in die spannende Welt der Farbpsychologie geben.


Warum achten wir überhaupt auf Farben? Warum können wir sie sehen?


Laut Darwin brachte und das Sehen von Farben einen evolutionären Vorteil. Zwei Hauptfunktionen stehen dabei im Vordergrund (Haller, 2019):

Attraction: Bunt gefiederte Vögel beispielsweise locken durch ihre Farbpracht fortpflanzungswillige Weibchen an.

Protection:

Camouflage: Viele Tiere tarnen sich perfekt, um sich vor Feinden zu schützen, wie Seepferdchen die die Farbe der Korallen annehmen, durch die sie schwimmen.

Warning: Andere Tiere setzen auf Abschreckung. Besonders geeignet sind dafür gelb, rot, orange in Kombination mit Schwarz. Denke Sie an stechende Wespen und Bienen.


Die Fähigkeit, Farben wahrnehmen zu könnnen, ist bei Tieren sehr unterschiedlich gut ausgeprägt. Während Hunde eher „eintönig“ sehen, können Vögel auch UV-Licht wahrnehmen.



Wie wirkt Farbe? Auf welche Art und Weise werden wir von Farben beeinflusst?


Farbe entfaltet ihre Wirkung auf verschiedenen Ebenen:

1. Allgemeingültige Farbpsychologie: damit ist die – oft auch unbewusste – Wirkung von Farben über physiologische Veränderungen auf uns gemeint.

2. Kulturelle oder symbolische Bedeutung: Schwarz als Farbe der Trauer, als Farbe die man bei Beerdigungen trägt, ist beispielsweise in unserer Kultur tief verwurzelt. In anderen Kulturen können diese symbolischen Zuschreibungen komplett anders sein, wie zum Beispiel in China, wo man weiß zu Beerdigungen trägt.

3. Persönliche Verbindung: Wir erinnern uns an die Farbe der Lieblingskleidung unserer Oma, die Farbe des Schlumpf-Eises aus dem Italienurlaub oder die Farbe unseres Kinderzimmers und verbinden diese Farbe mit persönlich Erlebtem.



“What this means is that colour isn’t just a visual stimulus. It also creates physiological changes within us. In psychological terms, it delivers an emotional experience.” Karen Haller

So und wie wirken denn nun die verschiedenen Farben? Und wie können wir Farben am besten in unseren Räumen einsetzen? Welche Gestaltungstipps aus der Farbpsychologie gibt es für Wohnräume und Bürogebäude?


Rot

Rot ist die Farbe der Liebe und Leidenschaft, aber auch der Aggression. Rot belebt. Es verschafft uns Energie und fördert Aktivität. Frauen in roten Kleidern wirkten auf Männer in einem Experiment attraktiver. Rot kann auch Action und Gefahr symbolisieren. Es erregt schnell Aufmerksamkeit.

--> Daher eignet es sich in kleineren Dosen gut für gesellige Bereiche innerhalb der Wohnung.

--> In Büroräumen sollten Sie rot eher sparsamer zur Orientierung einsetzen.



Orange

Orange steht in Verbindung mit Kreativität. Als Mischung von Gelb und Rot vereint es die Energie des Rots mit der Fröhlichkeit des Gelbs. Symbolisch steht es für Energie und Lebensfreude.

--> In der Wohnung eignet sich orange für kommunikative Bereiche, Kinderzimmer, kann aber auch im Arbeitszimmer eingesetzt werden, wenn sie einen kreativeren oder kommunikativeren Beruf ausüben.

--> In Bürogebäuden eignet sich orange für kreative, kommunikative Zonen.



Gelb

Gelb ist der Sonnenschein. Gelb macht fröhlich. Es ist hell und freundlich, meist warm und einladend. Es steht für Optimismus und Neugierde.

--> Daher sind Gelbtöne gut im Wohnbereich einsetzbar. Helle, zarte Nuancen eignen sich für größere Flächen, aber auch ein kräftiges gelb kann ein Fröhlicher Farbtupfer sein, zum Beispiel auch im Kinderzimmer.

--> Ebenso eignen sich dezente Gelbnuancen in Bürogebäuden um „schlichtes weiß“ etwas wärmer, einladender und gemütlicher zu gestalten.



Violett und Lila

Violett und lila stehen für Mystik und Spiritualität. Lila soll die Intuition anregen. Es ist etwas Besonderes und zeigt Einzigartigkeit. Von der Farbtemperatur her, können sie sowohl wärmer (größerer Rot-Anteil) oder kälter (größerer Blau-Anteil), also gemütlicher oder beruhigender sein.

--> In der Wohnung können sie mit dunklen Lila-Akzenten einen edlen Touch bewirken. Mit hellen Lavendeltönen bringen sie etwas Spannung in eine ansonsten naturverbundene Farbpalette (z.B. creme und schilf).

--> Dasselbe gilt für den Einsatz von lila in Bürogebäuden.



Rosa und Pink

Eine überraschende Erkenntnis zu rosa gefällig? Es wirkt deeskalierend -eignet sich also gut für Gefängniszellen, aber natürlich auch für Wohnräume. Die Farbwirkung ist hier stark von Zuschreibungen als "Mädchenfarbe" oder feminin überlagert. In der Geschichte war das nicht immer so. Außerdem steht rosa für Romantik und Verspieltheit. Kräftige Pinktöne setzten moderne Statements und rufen nach Aufmerksamkeit.

--> Sie können rosa grundsätzlich in den meisten Wohnräumen gut einsetzen und je nach Nuance dadurch eine friedliche oder spielerische Atmosphäre schaffen.

--> In Bürogebäuden sollten sie beim Einsatz mancher Rosatöne die Passung zu ihrer Unternehmenskultur prüfen. Dann steht einer Vielzahl an Nuancen und Anwendungsmöglichkeiten nichts im Wege.



Grün

Grün ist die Farbe der Natur. Es gibt unzählige wissenschaftliche Studien darüber, dass direktes Naturerleben, aber auch der Ausblick ins Grüne entspannen. Unser Blutdruck sinkt, genauso wie der Pegel an Stresshormonen im Blut. Grün symbolisiert Harmonie, Natürlichkeit und Frische.

--> Grün können Sie also überall dort in ihrer Wohnung einsetzen, wo Sie beruhigen und entspannen wollen. Denken Sie insbesondere an den Einsatz von pflanzen. (Mehr dazu im Blogbeitrag über Biophilia)

--> In Bürogebäuden ist grün ideal für Wellbeing-Zonen, Ruhe- und Pausenbereiche, die zur Entspannung einladen sollen.


Blau

Blau ist der Himmel und das Wasser, unser Lebenselixier. Wir verbinden blau mit Tiefe und Weite. Blau ist die Lieblingsfarbe vieler Menschen. Symbolisch steht sie für Ruhe und Vertrauen.

--> Blau können Sie in Wohnräumen überall dort einsetzen wo Sie Ruhe erzeugen möchten. Es eignet sich insbesondere für Schlafzimmer, kann aber je nach Kombinationspartnern auch in allen anderen Räumen eingesetzt werden.

--> Auch in Bürogebäuden eignen sich Blautöne aufgrund ihrer ausgleichenden Wirkung.


Braun


Braun ist das Holz, die Natur, die Erde. Braun wirkt dadurch bodenständig, natürlich und ehrlich.

--> In Wohnungen wird braun meist über Holz in die Räume geholt, aber auch brauche Akzente bei Wandfarben oder Accessoires bringen Naturverbundenheit und Erdung in den Raum.

--> In Bürogebäuden ist es insbesondere empfehlenswert, sich durch den Einsatz von Holz etwas mehr Natur in die sonst vielleicht eher „sachlichen“ Räume zu holen.


Weiß

Weiß repräsentiert Frieden und Reinheit. Die Reinheit des weiß verstehen wir im Sinne von Sauberkeit („weißer Kittel“) genauso wie im Sinne von Unschuld (Brautkleid, „weiße Weste“).

In der Inneneinrichtung wird weiß sehr gerne genutzt, da weiß neutral ist, genauso wie Grautöne oder schwarz. Weiß entsteht, wenn das volle Lichtspektrum reflektiert wird. Weiß eignet sich gut in dunklen oder kleinen Räumen, um diese aufzuhellen und kann gut in Kombination mit anderen Farben eingesetzt werden. Größere Flächen in neutralen weiß, creme oder (warmen oder kühlen) Grau-Tönen lassen sich gut mit kräftigen Farbakzenten kombinieren.

-->Weiß ist also sowohl im Privaten wie auch in Bürogebäuden universell einsetzbar. Achten Sie aber darauf, nicht nur weiß einzusetzen, um Sterilität zu vermeiden, sondern bringen Sie noch etwas mehr Farbe(n) in Ihr Leben!


Disclaimer:

Viele Artikel über Farbpsychologie, Farbwirkung oder den optimalen Einsatz von Farbe stützen sich meist nicht auf wissenschaftliche Studien, sondern mehr auf intuitives und Erfahrungswissen (O’Connor, 2011). Ich konnte bei der Recherche für diesen Blogartikel auch nur wenige belastbare Experimente finden und musste mich mehr auf die assoziative Wirkung von Farbe als auf allgemeingültige physiologische Prinzipien stützen.



Zum Weiterdenken:


Sehen wir Menschen Farben gleich? Was hat Sprache mit Farbwahrnehmung zu tun?

Wenn man gesunde Augen hat, sollte man doch bestimmte Wellenlängen von Licht als bestimmte Farbtöne erkennen können, oder? So zumindest meine intuitive Annahme. Experimente mit Menschen verschiedener Kulturen zeigen aber, dass wir die Farbtöne, für die wir Worte/Namen haben, viel genauer unterscheiden können. Kinder werden in ihren Unterscheidungen immer präziser, je mehr Worte sie für Farbtöne gelernt haben. Sie können dann das, was sie sehen, besser einkategorisieren. Menschen aus dem Himba-Stamm, die beispielsweise kein Wort für blau haben, konnten ein blaues Farbmuster unter grünen schwer unterscheiden. Dafür konnten sie Grüntöne auseinanderhalten, die englischsprachige Versuchsteilnehmer gleich einordneten. Sprache ist also auch wichtig für die differenzierte Farbwahrnehmung (Roberson, Davidoff, Davies, & Shapiro, 2004).



Quellen:


Haller, K. (2019). The little book of colour: How to use the psychology of colour to transform your life. Penguin UK.


O'connor, Z. (2011). Colour psychology and colour therapy: Caveat emptor. Color Research & Application, 36(3), 229-234.

Welsch, N., & Liebmann, C. C. (2012). Farbpsychologie und Symbolik. In Farben (pp. 53-113). Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg.


Roberson, D., Davidoff, J., Davies, I. R., & Shapiro, L. R. (2004). The Development of Color Categories in Two languages: a longitudinal study. Journal of Experimental Psychology: General, 133(4), 554.


Welsch, N., Liebmann, C.C. (2012). Farbpsychologie und Symbolik. In: Farben. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-8274-2847-9_4

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