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Anja Kluge

New Work Hero - Martin, Gründer von bNear

Aktualisiert: 18. Jan. 2023

Erfolgreich Nähe herstellen - ein Interview mit Martin Lang, Gründer und CEO von bNear


Erzähl' uns doch zuerst einmal, wie ihr als Start-up so arbeitet, wie viele ihr seid, seit wann ihr wo und wie zusammensitzt?

Ja, wir sind eine ganz typische Firma. Wir sind über mehrere Bundesländer verteilt, wir haben Leute, die, obwohl sie in Köln wohnen, wo unser Hauptsitz ist, keinen Bock haben, ins Office zu kommen, und wir haben Leute, die total gerne ins Office kommen, wie beispielsweise mich. Das heißt, wir haben ein Office in einer ganz tollen Co-Working Location. Dort haben wir drei Schreibtische, sind aber insgesamt neun Leute. Die drei Schreibtische reichen uns aber, wir sind selten mal mehr als drei Leute hier. Wir haben Leute, die asynchron mit uns arbeiten, also zwei alte Hasen, die hauptberuflich bei anderen Firmen angestellt sind und uns abends helfen. Das heißt, wir müssen uns nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich organisieren. Was machen wir synchron, das machen wir asynchron? Ja und ganz spannend sind natürlich auch die Altersunterschiede. Wir haben mit Sascha und mir zwei so alte Gen-Xer. Sascha ist ein richtiger Gen-Xer, der hat sein Leben lang bei EY, Deloitte und Co verbracht und ich bin so mittendrin. Als New Work Coach hat man sich ja schon ein bisschen von der X-Welt verabschiedet. Wir haben dann zwei weitere Gründer im Team, die Gen-Y sind.. Und dann haben wir noch Gen Z mit drin, also Leute die ganz frisch aus der Uni kommen, noch nie bei einem anderen Arbeitgeber waren und ein ganz anderes Bild davon haben, wie Arbeit in ihren Köpfen ablaufen muss. Und diese ganzen Diskussionen bis hin zu Konflikten, die tragen wir natürlich auch aus – genau wie unsere Kunden - und das macht es mega spannend und mega schön.


Das glaube ich. Was sind oder waren so die größten Herausforderungen für euch?

Als erstes natürlich für jedes Startup: Wie kommen wir an Kohle. Das haben wir Gott sei Dank ganz gut lösen können. […gekürzt]

Das zweite Problem, speziell bei unserer App ist die Feststellung, dass wir die App nicht einfach raushauen können. In Microsoft Teams ist sie zwar verfügbar, aber bisher noch nicht so richtig self-service-fähig, weil Admin-Einstellungen gemacht werden müssen. Das macht es noch ein bisschen tricky.

Und das Dritte ist das Einführen in Teams. Es ist halt nicht einfach nur das Installieren der App, sondern wir sprechen mit jedem einzelnen Team und da kommen auch unsere Partner zum Zuge. Wir partnern sowohl mit HR-Beratungen als auch mit System-Häusern, die aus ihren jeweiligen Blickwinkeln mit den Kunden das Role Out machen. Also die HRler beispielsweise sprechen mit jedem Team, erklären die Metaphern, fragen „Wie wollen wir uns organisieren? Wie wollen wir diesen Raum gemeinsam beziehen?“ Da sind die sehr stark drin. Aber auch System-Häuser, die eigentlich den technischen Fokus haben, haben das mittlerweile sehr gut gelernt, Teams und Leute abzuholen. Das war eine große Herausforderung. Dass unsere App nach 14 Tagen Lebensdauer nicht einfach mal so stirbt, das haben also weit gelöst, indem wir gemerkt haben, man muss mit den Menschen reden. Es ist ein Tool für Menschen und wenn ich es den Menschen nicht erkläre, dann ist es just another tool und das wollen wir auf gar keinen Fall sein. Wir wollen nicht another tool sein, sondern wir wollen eine andere Herangehensweise an Cloud Collaboration in Microsoft Teams sein.


Das heißt, ihr habt zu euerer App, also dem digitalen Produkt noch Changemanagement hinzugefügt und so eine Kombination, die funktioniert?

Ja, als Kombi funktioniert’s und macht unsere Partner glücklich, die uns natürlich auch wieder bei ihren Kunden mit reinbringen. […gekürzt]


Und hattet ihr auch intern bei eurer Zusammenarbeit Herausforderungen? Du hast ja schon angesprochen, dass ihr eine bunte Mischung über alle Generationen hinweg seid und asynchron arbeitet.

Ja, volles Programm, also alles mit forming, norming, storming,… alles mitgemacht. Das ist natürlich auch noch ein ongoing Prozess, aber wir kennen uns jetzt seit einem guten Jahr, machen selbstverständlich regelmäßig Retrospektiven, da kommt der Arbeits-Coach bei mir durch, haben uns auch Zeit genommen, zueinander zu finden, auch zu verstehen, wie wir ticken und sind da jeder auf persönlicher Ebene eine Reise gegangen. Weder konnte Sascha seine Gen Xer Firma hochziehen, noch kann ich meine New Work Agentur hochziehen, noch kann Fritz seine Vorstellung von „wir leben alle in Lissabon im VW Bus und trinken Mate“ hochziehen. Irgendwo müssen wir uns alle finden und das hat sehr gut geklappt. Also der Teamspirit ist so gut, dass die Leute aus ganz Deutschland zur Weihnachtsfeier vor zwei Wochen angereist sind und wir richtig Spaß hatten. Es fahren nächste Woche alle mit, natürlich freiwillig, in die in die Worcation eine Woche in die Schweiz, wo wirklich auch gearbeitet wird. Wir waren Anfang des Jahres auf Mallorca, haben ein Haus gemietet und haben dann eine Woche hart gearbeitet. Also der Spirit macht schon Spaß und da merkt man dann auch den Nutzten, dass dieser ganze Invest in das Team und in die soziale Gruppe sich auszahlt.

Ich kenne auch noch klassische Anstellungsverhältnis, war früher mal beim Großkonzern, hab da Leute geführt, war so ein wahnsinnig schlechter Chef aus heutiger Perspektive, das ist gruselig, was ich da veranstaltet habe, aber auch keiner der anderen Führungskräfte wusste es besser.

Zum Thema anderes Arbeiten: Ich finde New Work ein bisschen ausgelutscht, ich finde eigentlich Modern Work beschreibt es besser. Moderne Arbeitsweisen, sowohl tool-seitig als auch sozial in der Gruppe zu implementieren ist einfach für alle so ein Vorteil und hat nichts mit bunten Sitzsäcken zu tun. Ich kann auch noch eine Schaukel aufhängen, alles schön, aber das ist nicht das, was es ausmacht.


Was macht für dich Modern Work aus?

Modern Work ist zum einen immer Menschen zentriert. Das heißt nicht nur wegen der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch, weil es erwiesenermaßen erfolgreicher ist, überlege ich mir: Was braucht der Mensch, was braucht das Team? Was muss ich diesen Leuten zur Verfügung stellen, dass sie seelisch gesund sind, dass sie Beruf und Privatleben unter einen Hut kriegen, dass sie technisch gut miteinander arbeiten können, all das muss ich abdecken. Das ist ein anderer Ansatz als: ich stelle den Leuten Technik zur Verfügung und dann werden die sich als Gruppe schon irgendwie zusammenraufen und wir machen es vielleicht mit Command and Control und mit Führen über KPIs. Das ist einfach nicht mehr modern. Und das wird auch mit zunehmender Durchdringung von Gen Y in Führungspositionen und von Gen Z in Mitarbeiterpositionen weiter auslaufen. Was nicht heißen soll, dass man keine Leistung mehr bringen soll. Ich bin immer so ein bisschen vorsichtig, wenn meine Kollegen es gerade bei bei Linked in Posts übertreiben mit den soften Faktoren. Ich finde es muss immer im Kontext sein „Wir sind ein Unternehmen, wir wollen Geld verdienen“ und nicht „wir haben uns alle lieb, alles ist Friede, Freude, Eierkuchen und wir sind hier zum Socken stricken“ das funktioniert nicht auf Dauer. Das befriedigt aber auch die Leute nicht.

Ich habe Kunden betreut, bei denen das so war. Kein Leistungsgedanke mehr, auf gar keinen Fall Druck aufbauen. Die Leute waren nicht signifikant glücklicher als die Leute in einer traditionellen Command and Control Umgebung, weil sie nicht den Nutzen, nicht den Wert dieser zusätzlichen Freizeit gespürt haben. Erst wenn ich mal gemerkt hat, dass es nicht in allen Unternehmen so ist und dass es ganz schön doof ist, wenn von mir erwartet wird, dass ich jeden Abend bis acht Uhr am Schreibtisch sitze, dann weiß ich auch auf einmal was mit der Zeit anzufangen. Und dann werde ich das nicht jeden Tag einfach machen, weil ich grad keinen Bock mehr habe, sondern ich weiß, eigentlich wird von mir erwartet, hier acht bis neun Stunden zu arbeiten. Heute kann ich die Leistung nicht bringen, dann gehe ich heute mal um zwei nach Hause. Dann kann ich das aber auch offen kommunizieren und muss ich nicht den Rechner offen haben und immer noch die Maus bewegen, damit ich grün bleibe, weil es okay ist. Aber solche Sachen zu vereinbaren, über solche Sachen auch im Team zu sprechen, das finde ich wahnsinnig wichtig, und das ist für mich Modern Work.


Und was klappt bei euch in Eurer Zusammenarbeit als einjähriges Start-up besonders gut?

Besonders gut klappt - und da kann ich unsere App bNear tatsächlich ins Spiel bringen - die Nähe. Wir sind uns, obwohl wir bundesweit verteilt sind, nah, weil wir jeden Tag in unserem kleinen [virtuellen] Büro sind. Wir nehmen uns jeden Tag wahr, wir kommunizieren niederschwellig über alle Ebenen miteinander.

Obwohl ich einer der Geschäftsführer bin, bilde ich mir ein sagen zu können, dass unsere Werkstudenten keine Hemmungen haben, wenn sie sehen Martin steht in der [virtuellen] Küche, einfach mal reinzugehen, mich mal anzuhauen und zu fragen: was treibst du gerade? Das heißt nicht, dass wir komplett hierarchiefrei sind. Das ist für mich mittlerweile auch eine Illusion. Früher habe ich dafür immer gekämpft. Mittlerweile bin ich nicht mehr der Meinung, dass Hierarchiefreiheit in den meisten Unternehmen erreichbar ist. Die Experimente dazu sind auch größtenteils gescheitert. Das richtige Ausleben und das menschliche Ausgestalten von Hierarchien finde ich viel wichtiger; wenn ich als Geschäftsführer das Gefühl habe, ich bin eben nicht der Unerreichbare vor dem man zittert und wenn der zum Termin einlädt, habe ich Angst um meinen Arbeitsplatz, sondern ich bin der Martin, mit dem man auch mal über Fußball quatschen kann oder der auch mal zeigt, ich bin morgens verpennt, ich bin Morgenmuffel! Ich habe dann zum Beispiel dieses Emoji mit dem ZZZ an. Dann wissen alle, quatsch mal den Martin noch nicht an, wenn’s nicht wichtig ist. Er ist noch grumpy, gib ihm mal nen zweiten Kaffee, dann ist er wieder da. Das funktioniert gut, diese Nähe aufzubauen, diese sich verbunden fühlen, auch dadurch Commitment zu erzeugen.

Unsere Entwickler sind alle Langschläfer, aber dafür bin ich erschrocken, wie lange die manchmal abends noch sitzen, weil die sagen, ach ja, ansonsten hätte ich halt gezockt, aber so ist es ja auch cool mit meinen Kollegen, wir zocken halt bei uns im Code rum, hören uns dabei, wir quatschen dabei wir, wir diskutieren dabei, und das macht schon sehr stolz.


Cool. Das bringt mich zu dem Thema Räume, weil ihr euch mit eurem virtuellen Raum so „euren Raum“ geschaffen habt. Was denkst du denn, welche Bedeutung haben physische Büros und virtuelle Räume denn in Zukunft?

Ein tolles physisches Büro ist die allerbeste Lösung. Wir wollen die Zweitbeste machen, weil die beste oftmals nicht möglich ist. Ich find’s auch mega schön mit den Kollegen Mittagessen zu gehen, zwischendurch mal auf den Balkon mit einer Tasse Kaffee, die frische Luft genießen. Das alles kann ein digitales Büro nicht abbilden. Gemeinsam an etwas arbeiten, Sachen schleppen, wenn wir unseren Messestand durch die Gegend schleppen, das macht was mit uns. „Hier pack mal mit an!“ Geschäftsführer und Student tragen beide an zwei Seiten der Kiste, das ist dieses „Wir arbeiten gemeinsam“. Das ist glaube ich ganz wichtig. Das schweißt auch Teams zusammen. Die Nachtschicht vor der Messe. All diese Sachen machen was mit uns. Es ist aber in der heutigen Zeit häufig nicht möglich. Zum einen wegen dezentraler Teams, also Teams an mehreren Standorten. Zum anderen, um Arbeit und Privates unter einen Hut zu kriegen. Recruiting ist ein großes Thema. Wir können uns einfach von der Backe putzen, dass wir jetzt nur Kölner einstellen. Wir würden nicht die guten Leute kriegen. Wir werden weiter bundesweit, europaweit Recruiting machen, wenn die Firma weiterwächst. Und ich kann nicht von jemandem verlangen Haus, Familie, Kinder in der Schule, aber im bayrischen Wald, hier jetzt mal bitte mit alle Mann, Kind und Kegel nach Köln zu ziehen. Die Zeiten sind vorbei. Das heißt, ich muss eine Lösung finden. Wie kriege ich diese Person aber in die Kölner Clique mit rein? Ich will nicht zwei Cliquen haben, die Kölner und die, ich sag mal Söldner da draußen, die für uns schuften. Das will ich auf gar keinen Fall haben und dabei hilft bNear unheimlich. Das heißt ein richtiges Büro, tolle Sache! Wo das nicht möglich oder wo auch nur einzelne Leute regelmäßig raus sind: bNear! Das reicht ja schon, wenn ich ein schönes Büro habe, 80 % der Leute kommt da hin, haben riesen Spaß miteinander und 20 % der Leute können es nicht, weil körperlich gehandicapt, wohnen weit weg, Eltern pflegen, Kinder betreuen, usw. Die sind auf einmal außen vor. Die sind nicht inkludiert und zwar in dem Wortsinne Inklusion, der weiter geht als nur Leute mit Handicap einzubinden. Diese Einbindung in den Arbeitsalltag einer sozialen Gruppe kann bNear ganz fantastisch. Dafür müssen es aber auch die Leute im Office nutzen. Das heißt bei uns ist auch die Regel, selbst wenn wir zu viert im Office sind, sind wir noch in bNear, weil von neun Leuten nur vier im Office sind und die bilden bitte nicht ihr eigenes Grüppchen. Beim Mittagessen nehmen wir nicht das Notebook mit, das geht zu weit, aber ansonsten sollten hybride Teams den ganzen Tag in bNear sein.


Gibt es noch irgendwas letztes, was du sagen möchtest? Hast du noch einen Tipp?

Ja, also der der Haupt-Tipp ist tatsächlich, beschäftigt euch in euren Teams bewusst damit, wie ihr in der Vergangenheit Kitt erzeugt habt. Durch was kam das? Und versucht das in die neue Zeit zu bringen. Meine These, das muss nicht die einzig richtige sein, da gibts bestimmt noch andere Ansätze, meine These ist: Durch die tägliche Arbeit, durch sich wirklich Wahrnehmen, passiert viel mehr, als wenn ich einmal in den Hochseilgarten und vielleicht noch einmal auf die Kegelbahn gehe. Der echte Kitt entsteht dadurch, dass sich acht Stunden am Tag mit Leuten zusammensitze und schwitze und ackere. Überlegt euch in eurem Team, was hat euch zu dem gemacht? Und wie könnt ihr Neueinsteigern ins Team das auch barrierefrei bieten, weil die künftig immer häufiger nicht mehr neben euch sitzen werden.



Vielen Dank für das spannende Interview, Martin!


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